Schweiz

Schule ist wichtig für das Wohlergehen

Auch in der Schweiz hatte die Corona-Pandemie massiven Einfluss auf den Schulalltag. Wir fragen Beat A. Schwendimann, Leiter der Pädagogischen Arbeitsstelle des Dachverbands Lehrerinnen und Lehrer Schweiz (LCH), wie gross die entstandene Lücke ist und was für Schülerinnen und Schüler nun wichtig ist.

Seit dem Beginn der Corona-Pandemie vor mehr als zwei Jahren: Lässt sich grob schätzen, wie viel Unterrichtsstoff die Schweizer Schülerinnen und Schüler verpasst haben?
Dies lässt sich nicht klar beziffern. Die Lernfortschritte waren sehr unterschiedlich. Studien haben gezeigt, dass vor allem Kinder und Jugendliche aus sozio-ökonomisch schlechtergestellten Familien Lerneinbussen und daraus folgende Bildungsbenachteiligungen hatten. Es braucht nun Ressourcen, um für sie gezielt Unterstützung anbieten zu können.

Hat aus Ihrer Sicht die Pandemie bestehende Ungleichheiten noch verstärkt? Oder konnte dies gut ausgeglichen werden?
Am stärksten betroffen waren Kinder und Jugendliche aus sozio-ökonomisch schlechtergestellten Familien. Es besteht die Gefahr, dass sich bestehende Lernunterschiede durch die Pandemie weiter verschärft haben. Positiv ist, dass die Konsequenzen der Schulschliessungen langfristig wahrscheinlich weniger gravierend sein werden, als anfänglich angenommen. Dies ist vor allem dem ausserordentlichen Einsatz der Lehrpersonen zu verdanken, die in kürzester Zeit Wege gefunden haben, um die Schülerinnen und Schüler im Fern- oder Hybridunterricht zu unterstützen. Die Belastung für die Lehrpersonen und Erziehungsberechtigten war dabei aber sehr hoch, da Homeoffice und die Betreuung der Kinder, erst während der Schulschliessung und dann während der Quarantänephasen, in Einklang gebracht werden mussten.

Was beschäftigt die Schweizer Schülerinnen und Schüler nach dieser nun sehr langen Phase besonders? Wie sieht es mit deren mentalen Gesundheit aus?
Die Pandemie hat deutlich gemacht, wie wichtig die Schule für den Beziehungsaustausch, das soziale Lernen und als Begegnungsort ist. Viele Kinder und Jugendliche haben ihre sozialen Kontakte vermisst. Die schulpsychologischen Dienste melden stark gestiegene Zahlen zu Depressionen und Stress. Auch haben Fälle von Medien-, Handy- und Videospielsucht zugenommen. Schulen benötigen entsprechende Unterstützung durch Fachstellen.

Wie hat sich die Schweiz im Bereich Bildung im internationalen Vergleich geschlagen?
Die Schweiz hat die Schulen nur relativ kurz geschlossen. In einigen anderen Ländern fand Schule über ein ganzes  Jahr nur per Fernunterricht statt. Erste Studien zeigen, dass der befürchtete Einbruch in der Berufslehre nicht stattgefunden hat. Trotz fehlender Schnupper- und Praktikaoptionen wurden unverändert Lehrverträge abgeschlossen. Auch bei den Lehrabschluss- und Maturitätsprüfungen haben sich die Leistungen nicht verschlechtert. Die Fern- und Hybridunterrichtsphasen haben aber deutlich gemacht, dass die Schulen noch unterschiedlich weit sind im Bereich der digitalen Lernmöglichkeiten. Hier braucht es aus Sicht der Chancengerechtigkeit eine verstärkte Entwicklung.

War der Impfstatus unter den Schülerinnen und Schülern ein Thema, und kam es deswegen zu Konflikten? Wurde das im Unterricht thematisiert?
Das Thema Impfstatus war unter den Schülerinnen und Schülern ein grosses Thema. Vor allem, als die Impfstoffe für Jugendliche und Kinder verfügbar wurden, fanden vielerorts Gespräche dazu statt. Lehrpersonen haben das aktuelle Thema entsprechend im Unterricht aufgegriffen. 

Das vermeintliche Ende der Pandemie war nun bereits mehrmals in Sicht. Wenn es dann endlich so weit ist: Was ist für Schüler und Schülerinnen besonders wichtig?
Die Pandemie hat die Systemrelevanz der Schule nochmals verdeutlicht. Die Schule spielt eine wichtige Rolle für die Gesellschaft und das Wohlergehen der Schülerinnen und Schüler, für die es wichtig ist, dass ihnen die Schule verlässliche Strukturen und ein soziales Beziehungsnetz bietet.

Nothilfe in einer Notlage