ÄTHIOPIEN

Gleiche Chancen, kein Aber

In Äthiopien sind auch grundlegende Rechte für Frauen keine Selbstverständlichkeit – auf dem Land noch weniger als in der Stadt. SOS-Kinderdorf setzt sich für nachhaltige Veränderungen ein.

Wenn der Alltag vieler Familien von finanziellen Ängsten und der Erfüllung der absoluten Grundbedürfnisse geprägt ist, verlieren Bildung und Selbstbestimmung schnell an Bedeutung. Da Mädchen und Frauen in vielen Gesellschaften ein geringerer Wert zugesprochen wird als Jungen, sind sie meist die ersten, die darauf verzichten müssen. In Äthiopien packt SOS-Kinderdorf das Problem an der Wurzel: der Bildung.


Bildung ist das Fundament für Gleichberechtigung, denn nur wer gelernt hat, dass gleiche Chancen sein Recht sind, kann auch dafür kämpfen. Aus diesem Grund erhalten Mädchen in SOS-Kinderdorf-Programmen gezielt Nachhilfe, um verpassten Stoff aufzuholen, und ihre Schulgebühren werden mitfinanziert, um die finanzielle Last für ihre Familien zu verringern. Ein weiterer Grund, der gerade heranwachsende Frauen von der Schule fernhält, ist ihre Menstruation. Die Installation von Toiletten in den Schulen und die Verteilung kostenloser Binden dient dazu, einem potenziellen Schulabbruch vorzubeugen. Ein Erfolgszeichen: Derzeit besuchen 95 Prozent der Mädchen aus unseren Familienstärkungsprogrammen die Schule regelmässig. Um das Selbstbewusstsein und die Unabhängigkeit von erwachsenen Frauen und Müttern zu stärken, bietet SOS-Kinderdorf auch Alphabetisierungskurse an. Dies erhöht die beruflichen Chancen und macht es wahrscheinlicher, dass sie die Bedeutung von Bildung auch an ihre Töchter vermitteln. «Oft ist es leider so, dass Frauen, wenn ihr Ehemann stirbt, alles verlieren. Der Besitz wird von Verwandten beansprucht», erklärt Erika Dittli, Programmleiterin bei SOS-Kinderdorf Schweiz. SOS-Kinderdorf hält mit Aufklärungskampagnen für das Verfassen von Legaten dagegen, die Frauen, Männer und die ganze Gemeinde einbeziehen.


Die Programme von SOS-Kinderdorf kommen jungen Frauen wie der 15-jährigen Isnino aus Mekelle, Äthiopien, zugute. Mit 13 Jahren entschied sie sich, für ihre Familie arbeiten zu gehen. Ihre Eltern waren arbeitslos und ohne Einkommen, zudem hat Isnino neun jüngere Geschwister. Nur eines von ihnen besucht derzeit die Schule. Als Hausmädchen verdient Isnino etwa 6,50 Franken monatlich. «Ich wünsche mir nichts sehnlicher, als meinen jetzigen Job aufzugeben und Schneiderin zu lernen. Auf jeden Fall möchte ich nicht zu früh heiraten. Erst wenn ich weiss, was ich will, und auf eigenen Beinen stehe, will ich eine Familie gründen.» Die Massnahmen von SOS-Kinderdorf machen dies möglich. Mittlerweile melden sich Frauen immer öfter zu Wort, finden ihre Rolle und geben dieses Selbstbewusstsein auch an ihre Töchter weiter.


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